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19.04.2010

Neues Risiko-Gen für Brustkrebs entdeckt

Forscher der Uniklinik Köln finden weitere Ursache für erblichen Krebs

Wissenschaftler haben 15 Jahre nach der Entdeckung der Risikogene BRCA1 und BRCA2 ein weiteres Gen gefunden, das erblichen Brust- und Eierstockkrebs auslöst. Die Ergebnisse dieser Arbeiten wurden jetzt in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Nature Genetics* veröffentlicht. Risiko-Gene zu identifizieren, ist die wesentliche Voraussetzung dafür, den betroffenen Frauen eine maßgeschneiderte und engmaschige Früherkennung anbieten zu können.

Das neue Risiko-Gen für erblichen Brust- und Eierstockkrebs heißt RAD51C. Seine Funktion ist es normalerweise, die Erbsubstanz einer Zelle fehlerfrei zu halten. Veränderungen (Mutationen) in diesem Gen selbst führen jedoch dazu, dass ein Tumor entstehen kann. Die Wissenschaftler analysierten das Erbgut von insgesamt 1.100 Risikofamilien, in denen gehäuft Erkrankungsfälle auftraten. Bei ihnen wurden zuvor Veränderungen in den bislang bekannten Risiko-Genen BRCA1 und BRCA2 (BReast CAncer-Gene) ausgeschlossen. In sechs dieser Familien waren Defekte im RAD51C-Gen nachweisbar. Die Patientinnen gehörten ausschließlich zu den Familien, bei denen Brust- und Eierstockkrebs gemeinsam auftraten. Das Risiko für Brustkrebs liegt bei den Trägerinnen einer Mutation im RAD51C-Gen bei ungefähr 60 bis 80 Prozent, für Eierstockkrebs bei 20 bis 40 Prozent. Die Patientinnen erkranken außerdem deutlich früher als solche mit sporadischem Brust- oder Eierstockkrebs. Deshalb bezeichnen Experten das neu identifizierte Gen auch als BRCA3.

„Diese bahnbrechende Erkenntnis war nur möglich durch eine langjährige, enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Klinikern im Rahmen des Deutschen Konsortiums für familiären Brust- und Eierstockkrebs. Es wird von der Deutschen Krebshilfe seit 14 Jahren gefördert“, so Professor Dr. Rita Schmutzler von der Universitätsfrauenklinik Köln, die an den Untersuchungen maßgeblich beteiligt war. Mittlerweile werden in den zwölf universitären Zentren über 6.000 Risikofamilien betreut. „Wir bieten den betroffenen Frauen eine engmaschige Überwachung mit neusten Diagnostikmethoden und Therapien an, die speziell auf die erbliche Tumorform zugeschnitten sind“, erklärt Schmutzler. Sie hat eine Stiftungsprofessur der Deutschen Krebshilfe an der Uniklinik Köln inne und ist die Koordinatorin des Deutschen Konsortiums. Dieses wiederum ist Teil eines internationales Forschungsnetzes, das nach neuen Risiko-Genen für erblichem Brust- und Eierstockkrebs sucht.

Professor Dr. Alfons Meindl, Leiter der Abteilung für gynäkologische Tumorgenetik am Klinikum rechts der Isar in München, hat die molekulargenetischen Untersuchungen des Projektes geleitet: „Diese Ergebnisse unterstützen unsere Hypothese, dass verschiedene seltene Gendefekte ein gemeinsames Krankheitsbild auslösen, den erblichen Brust- und Eierstockkrebs. Dieses Wissen ist wichtig für die Suche nach weiteren Risiko-Genen, denn die bisher bekannten Brustkrebs-Gene können nur 60 Prozent der Hochrisikofamilien erklären“.

Ärzte und Betroffene stehen zukünftig vor neuen Herausforderungen: „Wir müssen versuchen, mit neusten Analysemethoden weitere Risikogene für den erblichen Brust- und Eierstockkrebs zu finden, um in Zukunft für jede Frau das individuelle Brustkrebsrisiko noch besser bestimmen zu können. Darauf basierend können wir dann eine maßgeschneiderte Prävention und eine engmaschigere Krebs- Früherkennung anbieten. Hier eröffnet sich ein ganz neues klinisches Gebiet der risikoangepassten Prävention“, erläutert Professor Dr. Rita Schmutzler.

Hintergrund Brustkrebs:
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 60.000 Frauen neu an Brustkrebs. Etwa fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebsfälle sind erblich bedingt: Sie sind auf Veränderungen in bestimmten Genen zurückzuführen, die über die Keimzellen (Ei- und Samenzelle) an die Nachkommen vererbt werden. Die häufigsten Gene, die Brust- oder Eierstockkrebs auslösen können, sind die veränderten Gene BRCA1 und BRCA2 (BReast CAncer-Gene). Wenn ein Fehler in einem dieser Gene vorliegt, ist das Brustkrebs-Risiko auf 60 bis 80 Prozent erhöht, das Risiko für Eierstockkrebs liegt gleichzeitig bei 20 bis 40 Prozent. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass es weitere genetische Risikofaktoren gibt, die einen Großteil der Brustkrebserkrankungen erklären könnten.

Veröffentlichung:
Meindl A et al.: Germline mutations in breast and ovarian cancer pedigrees establish RAD51C as a human cancer susceptibility gene. Nature Genetics, 18.04.2010; doi: 10.1038/ng.569

Für Rückfragen:
Univ.-Prof. Dr. Rita Schmutzler
Uniklinik Köln
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Zentrum für Familiäre Brust- und Eierstockkrebs
Telefon: 0221 478-86509
E-Mail: rita.schmutzler@uk-koeln.de

Christoph Wanko
Pressesprecher Uniklinik Köln
Stabsabteilung Kommunikation
Telefon: 0221 478-5548
E-Mail: pressestelle@uk-koeln.de

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